11 von 16 Aussagen vorläufig verboten: Gericht bremst Anja Reschke im Fall Reichelt

03.05.2023
 

Der Norddeutsche Rundfunk darf viele Behauptungen der Anja-Reschke-Sendung "Julian Reichelt und die Frauen: Bumsen, belügen, wegwerfen" vorläufig nicht mehr verbreiten. Der NDR will sich wehren - und greift Reichelts Anwalt Ben Irle an. 

Der frühere Chefredakteur der Bild-Zeitung, Julian Reichelt, hat eine umfassende einstweilige Verfügung gegen die NDR-Sendung "Reschke Fernsehen" vom 16. Februar 2023 erwirkt. Das Magazin dürfe zahlreiche Aussagen der Ausgabe vom 16. Februar 2023, in der es um mutmaßlichen Machtmissbrauch Reichelts ging, nicht mehr verbreiten, teilte dessen Anwalt Ben Irle unter Verweis auf einen Beschluss des Landgerichts Hamburg mit. Das Gericht hat die Angaben bestätigt.

Der Beschluss von vergangener Woche richtet sich den Angaben zufolge gegen "elf Passagen und damit wesentliche Teile der Berichterstattung". Diese habe Reichelt in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Ingesamt waren 16 Passagen von der Reichelt-Seite beanstandet worden.

Untersagt wurden demnach Behauptungen, die Reichelt "etwa ein Bedrängen und Umwerben mit Komplimenten von Mitarbeitern, Drogenkonsum am Arbeitsplatz oder die Einstellung von Mitarbeitern aus rein privatem Interesse vorwerfen". Als unzulässig habe das Gericht auch die Äußerung einer früheren Mitarbeiterin eingestuft, die Reichelt vorwerfe, sie in einem Hotel zu "Sex on demand" genötigt zu haben, teilte Reichelts Anwalt mit.

Dieser Vorwurf lasse sich "als frei erfunden und damit unwahr widerlegen", argumentiert Irle. Denn der NDR habe keine eidesstattliche Versicherung der Frau vorgelegt. Dies sei "auffällig, aber nicht überraschend", denn eine falsche eidesstattliche Versicherung wäre strafbar. Irle wirft dem NDR vor, "in eklatantem Ausmaß die Grundsätze einer zulässigen Verdachtsberichterstattung missachtet und sorgfaltswidrig mit erheblichem Belastungseifer voreingenommen zulasten meines Mandanten berichtet" zu haben.

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Der NDR räumte ein, dass einige Äußerungen in der Sendung "Reschke Fernsehen" vorläufig verboten worden seien. Er widersprach aber Darstellungen von Reichelts Anwalt vehement.

In einer Mitteilung des NDR vom 2. Mai heißt es:

"Ein Beschluss vom Landgericht Hamburg hat die NDR Berichterstattung über den Verdacht des Machtmissbrauchs durch Julian Reichelt als zulässig erklärt. Reichelt war gegen etliche Äußerungen in der Sendung 'Reschke Fernsehen' vom 16.02.2023 presserechtlich vorgegangen. Die zentralen Punkte der Berichterstattung - Äußerungen über Machtmissbrauch durch Julian Reichelt und Äußerungen über die Weitergabe von Informationen während des Compliance-Verfahrens - hält das Gericht für zulässig.

'Die Verdachtsäußerung, der Antragsteller habe diverse Affären mit Mitarbeiterinnen gehabt, ist zulässig', heißt es im Beschluss des Gerichts. Auch für den Vorwurf von 'Amts- und Machtmissbrauch' sah das Gericht in ausreichendem Maße Anknüpfungstatsachen. Der NDR darf auch weiterhin darüber berichten, dass Julian Reichelt seine Machtposition als Chefredakteur eingesetzt hat, um vor allem Praktikantinnen und Volontärinnen nahe zu kommen.

Zudem bestätigt das Landgericht Hamburg erstmals, dass die Äußerung 'Julian Reichelt hatte schon während des Verfahrens gegen ihn Zugang zu Informationen, die er nie hätte haben dürfen', nicht zu untersagen sei. Die Darstellung des Reichelt-Anwalts Ben Irle, der davon spricht, dass das Landgericht Hamburg angeblich den 'frei erfundenen Vorwurf des Machtmissbrauchs' untersagt habe, ist also unwahr. Um die Berichterstattung zu belegen, hatte der NDR dem Landgericht Hamburg zahlreiche Eidesstattliche Versicherungen sowie weitere Belege vorgelegt", so der Norddeutsche Rundfunk.

Der NDR erklärt zugleich, dass ihm der der Beschluss des Landgerichts Hamburg noch nicht formal zugestellt worden sei. Doch eines ist bereits sicher: "Der Norddeutsche Rundfunk wird Widerspruch dagegen einlegen."

Hintergrund: Die in der einstweiligen Verfügung nun als unzulässig eingestuften Aussagen darf der Sender vorerst nicht wiederholen. Auch aus der ARD-Mediathek müssen die Passagen bis auf Weiteres entfernt werden.

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