Lisa Ortgies serviert "Emma" ab
Nach wenigen Monaten macht Lisa Ortgies (Foto) Schluss: Ende Juni gibt die Chefredakteurin der feministischen Frauenzeitschrift "Emma" ihren Posten ab. Sie war erst im Frühjahr gekommen (kress.de vom 7. Dezember 2007) und hatte ein schweres Erbe angetreten: Ortgies folgte auf Alice Schwarzer, Herausgeberin, Gründungschefredakteurin und Deutschlands oberste Frauenrechtlerin, die ihr "Kind" nach über 30 Jahren in fremde Obhut geben wollte. Ortgies sollte das Heft modernisieren, dem Vernehmen nach war es ihr allerdings nicht gelungen, ihre reformerischen Ideen gegen Schwarzer durchzusetzen - sie bat um die vorzeitige Vertragsauflösung. Wer ihr nachfolgt, ist offen. Im Dezember hatte Schwarzer noch große Stücke auf ihre Interims-Nachfolgerin gehalten: "Sie ist auch blond, sie ist eine sehr lebendige, tolle, temperamentvolle Person, die sich auch mit dem 'Emma'-Team sehr gut versteht." Das Verständnis hat offenbar ein Ende - die "Emma"-Redaktion reagierte empfindlich, bedauerlicherweise eigne sich die "Kollegin nicht für die umfassende Verantwortung als Chefredakteurin".
Die Redaktion müsse daher die "Phase der Einarbeitung" nach nur zwei Monaten beenden, wie es in einer Mitteilung von Schwarzer heißt. Ein Versuch, Ortgies weiterhin als Autorin für den Standort Hamburg zu gewinnen, sei gescheitert. "Selbstverständlich hätten wir dies lieber intern und kollegial geregelt", jetzt müsse man auf Ortgies unerwarteten und überraschenden Schritt in die Öffentlichkeit reagieren. Ein Sprecher Ortgies widerspricht dem allerdings: Sie sei nicht von sich aus an die Presse herangetreten, sondern habe lediglich eine Anfrage der dpa bestätigt.
Dem Vernehmen nach habe sich allerdings Schwarzer selbst nicht an Zusagen gehalten, die sie ihrer Nachfolgerin vor Amtsantritt gemacht hatte. Schwarzer habe redaktionelle Entscheidungen von Ortgies revidiert und sich vehement gegen neue, weniger feministische Rubriken (moderne Frauenliteratur, -musik) gewehrt. Die Herausgeberin könne ihr Heft nicht loslassen, was eine gestalterische Tätigkeit für Ortgies unmöglich mache. Ein simpler Redakteursjob kam vor dem Hintergrund für Lisa Ortgies offenbar nicht in Frage.
Vor ihrem Antritt als "Emma"-Chefin arbeitete Ortgies bereits zwei Jahre als Kolumnistin für das Blatt. Außerdem moderierte sie die WDR-Reihe Frau TV. Die "Emma" erscheint alle zwei Monate und hat eine Auflage von 40.000 Exemplaren.
Nico Kunkel
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